In der Regel nehmen wir im Praxisalltag nicht unsere Prozesse unter die Lupe, sondern unsere Patienten. Genauer gesagt die Zähne und alles was damit zusammen hängt. Aber um unseren Patienten einen guten Service, eine wertvolle Behandlung und ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten, ist es wichtig die eigenen Praxisprozesse regelmäßig zu prüfen. Diese Prüfung wird im Qualitätsmanagement als Audit bezeichnet. Ein Audit untersucht, ob ein Prozess, eine Anforderung und Richtlinie, die notwendigen Standards erfüllt. Klingt erstmal ganz schön spießig. Ist aber eine richtig wertvolle Sache, wenn man es richtig einsetzt und nutzt. Wir sind sowieso verpflichtet regelmäßig unsere Abläufe zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer stetigen Verbesserung führen. Jetzt denken Sie vielleicht Sie haben ja eh nie Zeit für all diese Extras und das Personal für diese ganzen Geschichten ist sowieso schon knapp?! Dann wird es vielleicht auch Zeit, genau diese Bereiche mit einem Audit zu prüfen.
Das Audit als Teamaufgabe
Wer eine Zertifizierung anstrebt oder bereits hat, kennt die Auditierung sicher zu gute. Denn für ein zertifiziertes QM-System, sind die regelmäßigen Prüfungen pflicht. Aber auch ohne eine Zertifizierung ist ein Audit sehr wertvoll. Das gesamte Team kann seine Schwächen und Stärken genau heraus filtern und so den Praxisalltag optimieren. Was am Anfang als riesen Berg gesehen wird, erweist sich am Ende oft als Motivationskick für das gesamte Team.
Welche Möglichkeiten für ein Audit gibt es?
Sie können ein Audit entweder intern durchführen oder sich einen externen Berater holen.
Ein internes Audit ist natürlich in erster Linie kostenschonend. Es gibt die Möglichkeit sich alle Bereiche in der Praxis aufzuteilen und zu überlegen, was genau in diesen Bereichen zu prüfen ist.
Ich habe das QM-System in 8 verschiedene Prozesse eingeteilt. Hygiene, Material- und Geräte, EDV, Rezeption, Behandlung etc. Zu jedem Bereich gibt es die entsprechenden Vorschriften, Arbeitsanweisungen, Checklisten, Aufgaben usw. Um eine gute Kontrolle durchführen zu können, ist es sinnvoll, sich Fragebögen anzulegen. Einen Fragebogen für jeden Bereich in der Praxis. Auf jedem Bogen sollten die Fragen so erstellt werden, dass diese alle gesetzlichen Vorgaben sowie die praxiseigenen Anforderungen abfragen.
Haben Sie die Bögen fertig, können Sie entweder jeweils in einer Teamsitzung ein bis zwei Themen mit allen besprechen und beurteilen oder 1x im Jahr einen Audittag einlegen. In der Umsetzung gibt es keine Grenzen.
Eine externe Beratung hat den Vorteil, dass die Prozesse mit anderen Augen betrachtet werden. In der Praxis leidet man immer wieder an der sogenannten Betriebsblindheit. Es besteht die Gefahr, dass eingeschlichene Fehler nicht gesehen werden oder auch nicht gesehen werden wollen. Das ist durchaus menschlich. Da geht es mir nicht anders als Ihnen. Auch ich habe Momente, in denen ich denke "Ach das jetzt einmal nicht aufzuschreiben ist sicher kein Weltuntergang". Oder auch unterschiedliche Meinungen und Ansichten mit Kolleginnen ist im Alltag ein riesen Unterschied. Wenn man immer zusammen arbeitet, ist die Kommunikation und Emotion eine ganz andere. So kann es sein, dass man eher auf der Beziehungsebene diskutiert. Gehe ich aber als externe Beraterin in eine Praxis, bin ich deutlich strenger und sehe die Dinge anders. Einfach weil ich den nötigen Abstand habe, was die emotionale Seite und auch die fachliche Seite betrifft.
Fazit:
Haben wir ein gutes Betriebsklima, in dem eine Beurteilung auf der Sachebene und nicht auf der emotionalen Ebene möglich ist und haben wir auch das notwendige Know How, um die Prozesse nach den gesetzlichen Anforderungen zu beurteilen, ist ein internes Audit ideal. Sicher stärkt es die Motivation und das Teambuilding. Jedoch brauchen wir dafür Disziplin und einen guten Umgang miteinander.
Kommt es im Team immer wieder zu Konkurrenzdenken, Diskussionen, Meinungsverschiedenheiten, mangelnde Zeit und Know How ist ein externer Berater das Mittel zur Wahl. Außerdem kann es gleich als Fortbildungsmaßnahme für das ganze Team genutzt werden.
Was mache ich mit den Ergebnissen?
Haben Sie den Ist-Zustand erfasst, vergleichen Sie diesen nun mit dem Soll-Zustand. Gemeinsam besprechen Sie wo Sie stehen und wo Sie hin wollen oder auch müssen. Es ist ratsam die Ergebnisse schriftlich zusammen zu fassen und für Verbesserungen einen Maßnahmenplan anzulegen. Dieser sollte auch klar mit Zuständigkeit und Umsetzungsdatum versehen werden. Sonst kann es passieren, dass sich niemand für die Aufgabe verantwortlich fühlt bzw. die Umsetzung nicht zeitnah durchgeführt wird. Außerdem werden die Aufgaben gerecht verteilt und das gesamte Team ist an dem Prozess beteiligt. Das schafft eine Teamstärke und motiviert. Nach drei Monaten sollte die Umsetzung nochmals in einer Teamsitzung besprochen werden.
Ein Audit wird in der Regel ein bis zweimal im Jahr durchgeführt. Hierbei werden auch die letzten Auswertungen nochmals kontrolliert. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass genau durch diese regelmäßigen Kontrollen eine stetige Verbesserung erreicht wird. Ich freue mich jedes mal, wenn ich von Audit zu Audit eine Optimierung feststelle und der Praxis ein Lob aussprechen kann.
Was gibt es schöneres, als gemeinsam immer besser zu werden?
Auf meiner Facebookseite habe ich kürzlich eine Umfrage gestartet. Ich wollte wissen, wer eigentlich schon regelmäßig sein QM-System prüft und wer nicht.
Hier schlägt fast wieder mal das 80/20 Prinzip zu. Und zwar auf positive Weise. 71 % prüfen das QM regelmäßig und 29 % führen keine Kontrollen durch.
Somit freue ich mich, dass die Mehrheit bereits den Mehrwert erkannt hat und fleißig nach dem Optimum strebt. Für sich selbst und für die Patienten. Den anderen 29 Prozent wünsche ich hiermit einen gewaltigen Motivatiosschub und viel Lust zur eigenen Optimierung!
Viel Spaß und alles Gute!
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